Interview: Thorsten Leucht @ arsmondo Magazin

10 Sep Interview: Thorsten Leucht @ arsmondo Magazin

arsmondo (Kulturmagazin für Baden-Württemberg) bat mich um ein Statement für ihren Artikel „Subkultur – eine Welt voller Nischen und Alternativen“. Ich fühlte mich geschmeichelt und gab auch Antwort.

 Was bedeutet Subkultur für Sie?
Ich definiere Subkultur als Spielwiese und Kreißsaal der Populärkultur, und somit als wichtigsten Inkubator für kulturelle Evolution im Allgemeinen und Trends im Speziellen. Als regelfreie Offspace Werkstatt.

Was macht den Nährboden für Subkultur aus?
Einerseits die Experimentierfreudigkeit und der Schaffensdrang, andererseits der Überdruss und die Langeweile an Bestehendem. Der Wunsch nach Abgrenzung, Individualisierung, Entgegenwirken. Das Streben nach künstlerischer Freiheit, unbefangener Selbstverwirklichung und finanzieller Unabhängigkeit. Die Freude am Gestalten, Schöpfen und Selbermachen. All das.

Würden Sie Ihre Institution als Subkultur bezeichnen? Und wenn ja, warum?
Als wir im Mai 1996 die erste Ausgabe von unserem Magazin subculture druckten, geschah dies im Fanzin-Modus und mit dem Schwerpunkt elektronische Musik. Der Arbeitstitel also ganz klar Programm. U.a. auch weil weder Darstellungsform noch Inhalt in der Mitte der Gesellschaft angekommen waren. 21 Jahre später: Wir sind immer noch aktiv! Aus dem Kinderzimmerprojekt ist längst Hauptberuf geworden. Das Zentrum bildet dabei die Kreativagentur subculture – urban media (www.scum.rocks). Das Print-Magazin subculture wurde um etliche Digitalkanäle erweitert und erscheint in gedruckter Version mittlerweile Quartalsweise – statt wie 19 Jahre lang monatlich. Thematisch sind wir unseren Anfängen treu geblieben, wenn auch das Spektrum breiter geworden ist. Es geht nach wie vor um Musik, Kultur, Kunst, Gastronomie – Freizeitgestaltung eben, mit all den Events und Möglichkeiten. Eine klare Abgrenzung wäre aber gar nicht mehr möglich – Sub- und Popkultur sind doch längst befreundet!

Was bedeutet es, wenn bürgerliche Kreise und etablierte Kulturinstitutionen beginnen, den Zusammenhang zwischen subkulturellen Biotopen, Kreativwirtschaft, Branding und Prosperität zu erkennen?
Generell längst überfällig diese Wahrnehmung. Ob sie nun schmeichelhaft oder ärgerlich für die Initiatoren und Aktivisten ist, sei dahingestellt. Ebenso ob eine Transformation von Subkultur in Populärkultur bei allen Themen funktioniert und ob diese – einmal angekommen – zwangsläufig zur Auflösung in der Bedeutungslosigkeit führt. Des Bürgers strikte Ablehnung wäre natürlich das Ziel einer jeden Subkultur, ist meiner Meinung nach aber nicht mehr ganz zeitgemäß. Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass bei diesem immer schneller werdenden Zyklus die Subkultur stets mindestens zwei Nasen Vorsprung hat und dass den Urhebern der Idealismus niemals ausgehen möge. 

Zu meiner Person:
Thorsten Leucht (*1970), Wohnhaft in Freiburg im Breisgau, seit 1996 selbstständig als Herausgeber des Magazins subculture und Betreiber der Kreativagentur scum.rocks.

 Veröffentlicht @ arsmondo – Das Kulturmagazin für Baden-Württemberg (1. Quartal 2018)